Du fragst nach einer Rose – lauf vor den Dornen nicht davon. Du fragst nach der oder dem Geliebten – laufe vor dir selbst nicht davon.
-Rumi
Tatkraft, die Kraft zur Tat haben. Denn ohne Tat kein Resultat. Wenn der Same in der Erde nicht gewässert wird, wird er niemals wachsen. Das Wasser stellt hier die vollkommene Tatkraft dar. Für den Samen müssen die vollkommenen Bedingungen geschaffen werden. Die Erde muss nährstoffreich sein, es muss die vollkommene Temperatur herrschen und sie darf nicht zu viel und nicht zu wenig Wasser bekommen.
Also: Wenn die Bedingungen für die Rose nicht stimmen, kann sie nicht wachsen, egal wie lange man wartet.
Genauso ist es auch für uns.
Glück ist, wenn Vorbereitung auf Möglichkeit trifft.
-Aristoteles
Für uns alle heißt das, das wir die vollkommene Tatkraft, unter anderem auch vollkommene Anstrengung oder vollkommenes Bemühen genannt, entwickeln müssen, um zu wachsen. Sie ist die ausführende Kraft, welche uns in die Umlaufbahn der Befreiung bringt und stellt das sechste Glied des achtfachen Pfades des Buddhismus dar. Sie ist Teil der Vertiefungs-Gruppe, in welcher es hauptsächlich darum geht, einen gesammelten Geist zu entwickeln, felsenfest und unbeweglich.
Wir alle bewegen uns wie Planeten in gewissen Umlaufbahnen, welche durch unsere Vergangenheit, unsere Gewohnheiten, unsere Verhaltensmuster und unsere Glaubenssätze etc. geprägt sind.
Die vollkommene Tatkraft zu haben bedeutet, diese Prägungen zu erkennen und unsere Anstrengung auf die Befreiung davon zu lenken. Dazu ist Selbstkontrolle und Disziplin vonnöten, denn anstatt sich beispielsweise zum Meditieren niederzulassen, setzen wir uns vielleicht lieber vor den Fernseher, essen eine Packung Chips und trinken ein Süßgetränk.
Karmische Lektionen
Sind wir entschlossen, unsere Prägungen zu erkennen, müssen wir uns in Achtsamkeit üben. Denn das Leben erteilt uns am laufenden Band karmische Lektionen:
Der Ärger, welchen wir beim Fallenlassen eines Gegenstands empfinden.
Die Wut, welche in uns durch das Verpassen des Busses entsteht.
Der Zorn, den wir in einer Unterhaltung mit einer anderen Person fühlen.
Manche von euch mögen nun sagen, dass der Zorn die Schuld der anderen Person ist und ihr ein Recht dafür habt, zornig zu sein. Jedoch liegt der Ursprung des Zorns nicht in der anderen Person. Der Ursprung liegt viel mehr in dir selbst verborgen. Du kannst die Außenwelt nicht kontrollieren, nur deine Reaktion darüber. Denn: Das Fühlen des Zorns einer anderen Person gegenüber ist viel eher ein Symptom, welches dir einen Hinweis für das eigene Wachstum gibt. Die Ursache liegt nur in dir verborgen.
Zorn besteht, da gewisse Lektionen über uns selbst noch entdeckt werden möchten. Seid also immer sehr auf der Hut, wenn ihr starke negative Emotionen verspürt. Es ist ein leichter Trick unseres Egos, unsere Probleme und Herausforderungen, vor denen wir stehen, nach außen zu richten und andere dafür verantwortlich zu machen. Denkt bitte einmal über den vorigen Satz nach und reflektiert einige Situationen, in welchen ihr anderen die Schuld für eure Misere gebt.
Wo Verderben ist, gibt es Hoffnung auf einen Schatz.
-Rumi
Weil es so wichtig zu erkennen ist, wiederhole ich es an dieser Stelle nochmal:
Nur DU SELBST kannst dich befreien. Gibst du die Verantwortung dafür ab, ist es, wie wenn du der Rose kein Wasser gibst und dich nicht um sie kümmerst.
In deinem Leben wird dein Ego es immer und immer wieder versuchen, die Außenwelt verantwortlich zu machen. Nur wegen X, Y und Z kannst du nicht der oder die Person sein, die du sein willst.
Wenn du die Verantwortung für dein Leben übernimmst, kannst du erst Bewusstsein in dein Leben bringen. Du wirst vom Opfer zum Schöpfer, zum Architekten deiner Realität.
Anstatt wie der Ball Wilson aus dem Film „Cast Away“ mit Tom Hanks einfach vom Ozean mitgenommen zu werden, schwimmst du gegen die Strömung. Du übernimmst die Verantwortung für dein Schicksal, bist bereit, dich zu retten.
Nicht zu viel und nicht zu wenig
Die vollkommene Tatkraft zu haben bedeutet auch, immer näher am mittleren Weg zu wandern. Also auf einem Weg, wo du im Gleichgewicht bist. Nicht zu schnell und nicht zu langsam.
Du erkennst, dass das Universum immer dem Gesetz des Rhythmus folgt. Alles schwingt hin und her wie ein Pendel: Der Ausschlag des Pendels nach rechts ist das Maß für den Ausschlag des Pendels nach links, alles hebt sich und fällt.
Spannst du eine Saite zu stark, wird sie reißen. Spannst du sie zu schwach, kannst du nicht auf ihr spielen.
-Buddha
Wie eine Zwiebel musst du Schicht um Schicht abnehmen, um zum Kern vorzudringen. Hetze dich damit nicht und plane nicht schon bis morgen fertig zu sein. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Versuche dich tagtäglich zu bessern. Mache dir deine Ecken und Kanten bewusst und lerne, mit ihnen umzugehen. Arbeite an deinen Gewohnheiten und Routinen.
Was kannst du beispielsweise schon heute angehen? Fang klein an und baue dann Stück für Stück darauf auf. Der Aufstieg zum Mount Everest begann auch mit einem Schritt.
Eigentlich wissen wir schon, was gut für unsere Entwicklung ist und was nicht. Nur laufen wir meistens wie mit Augenklappen durchs Leben und sehen die Hinweise nicht, die uns das Leben geben möchte. Wir leben in einer illusorischen Welt, in einer getrennten Welt. Die Zusammenhänge von allem sind uns unklar und wir erfinden Wörter wie Zufall. Zufall aber gibt es nicht.
Ohne Tat kein Resultat
Was für die eine Person heilend wirkt, kann unheilsam für die andere sein. Wie können wir also genauer herausfinden, wann wir vollkommene Tatkraft anwenden?
Im Folgenden werden jetzt die Stufen der vollkommene Tatkraft erläutert.
Die vier aufsteigenden Bestrebungen:
- Dem Verhindern des Entstehens von ungesunden Zuständen,
- das Aufgeben von bereits entstandenen ungesunden Zuständen,
- dem Entstehen von gesunden Zuständen, die bis jetzt noch nicht entstanden sind und
- dem Wahren von perfekten Zuständen, die bereits entstanden sind.
Wir können also stufenweise unser Leben und unsere Erfahrungen analysieren und daraufhin durch vollkommenes Bemühen uns den optimalen Zuständen immer mehr annähern. Das Erkennen und Überwinden von sehr ungesunden, toxischen Zuständen ist hierbei anfangs besonders wichtig, da sie sozusagen die größten „Energiefresser“ darstellen.
Ihr würdet auch nicht erst für 10.000 Euro eine Wärmepumpe für euer Haus kaufen, obwohl ihr für 1.000 Euro ein paar kleinere Geräte austauschen und so dieselben Energiekosten einsparen könntet.
Gehe tief in dich und frag dich: Was genau könnte in diesem Moment für meine Unzufriedenheit sorgen? Was kann ich tun, damit ich mir selbst näherkommen kann?
Vielleicht ist es ein ungesunder Lifestyle, vielleicht sind es toxische Freundschaften oder aber ein toxisches Arbeitsverhältnis.
Was hält mich von meinem Wachstum ab?
Unbewusstheit macht dich zum Spielball deiner Umstände
Damit du vollkommene Tatkraft entwickeln kannst, musst du deine eigene Unbewusstheit erkennen und überwinden. Wie eine russische Matroschka erkennst du Schicht für Schicht, dass du größer bist, als du gedacht hast. Hierzu kannst du dich einiger Hilfsmittel bedienen, damit du dich zum Ende des Tunnels bewegen kannst und nicht in der Dunkelheit verloren gehst.
Generell kann ich allen von euch das Meditieren sehr ans Herz legen, nach mittlerweile 6 Jahren kann ich mit absoluter Sicherheit sagen, dass diese Gewohnheit mein Leben am nachhaltigsten verändert hat. Die Selbst-Beobachtung bringt früher oder später nahezu alles zum Vorschein, um deine optimalen Bedingungen herauszufinden.
Des Weiteren kann das Reflektieren ein starkes Werkzeug sein, um den eigenen Kurs zu verändern und die Anstrengungen in die richtige Richtung zu lenken. Du kannst beispielsweise anfangen, am Ende des Tages oder der Woche ein paar Sätze niederzuschreiben. Wie hast du dich gefühlt, bist du dir selbst gerecht geworden, in welchen Situationen hättest du gerne anders reagiert?
So kannst du dir bewusst machen, wie du wirklich bist. Häufig sind Eigenwahrnehmung und Fremdwahrnehmung nämlich sehr verschieden voneinander, weswegen sehr viele Missverständnisse in zwischenmenschlichen Beziehungen stattfinden. Anhand der Reaktionen deiner Mitmenschen kannst du öfters Hinweise auf dein eigenes Verhalten finden. Was könnte eine Person in einer Situation genau zu dieser Reaktion führen lassen? Wenn du andere Menschen verstehen lernst, lernst du dich selbst dadurch auch kennen. Du merkst, dass andere gar nicht so verschieden zu dir sind.
Ich persönlich schreibe seit 3 Jahren Tagebuch. Manchmal schreibe ich mehr und manchmal weniger, manchmal jeden Tag und manchmal nur einmal im Monat. Hierzu muss jeder seine eigene passende Routine finden. So sehe ich schwarz auf weiß, auf welchem Kurs ich mich befinde.
Der römische Kaiser Marcus Aurelius zum Beispiel hat auch jeden Tag Tagebuch geschrieben und er sagte für ihn war es eine der wichtigsten Gewohnheiten seines Lebens.
Der Drahtseilakt
Um die Kontrolle über unsere Begierden, unseren Hass, unseren Zorn und unsere Ablehnung zu bekommen, führt uns die vollkommene Tatkraft über das Drahtseil. Wie so häufig bei der spirituellen Suche müssen wir dafür offen sein, was uns das Leben zu lehren versucht. Daran knüpfen wir dann unsere Anstrengungen an und befreien uns so aus unserer toxischen Umlaufbahn.
Wir müssen uns auch in Geduld üben, denn zu starke Anstrengung führt früher oder später zu einem Burnout. Zu wenig Anstrengung hingegen zum Boreout. Wie auf einem Drahtseil sollten wir nichts überstürzen und stets versuchen, die Balance zu wahren.
Tue dir selbst einen Gefallen und gieße noch heute deinen Samen, damit er keimen kann.
Die Pflanze wird dann jegliche deiner Vorstellungen überschreiten und zu dem schönsten werden, was du jemals in deinem Leben gesehen hast.
Wir alle sind diese unglaublich schöne Pflanze, nur wir haben es vergessen. Beende deinen Schlaf und wach auf.