Laut Wikipedia bezeichnet das Handeln jede menschliche, von Motiven geleitete zielgerichtete Tätigkeit, sei es ein Tun, Dulden oder Unterlassen. Man grenzt es dabei stark vom Agieren ab, da dies eher unbewusst motiviert und ohne genaue Zielvorgabe ist. Das Handeln stellt also einen bewussten Akt des Tuns oder eben Nicht-Tuns dar, wobei stets ein übergeordnetes Ziel im Hintergrund steht. Unsere Handlungen können von außen gleich aussehen, jedoch innerlich ganz unterschiedlich motiviert sein. Motivation ist hier auch wichtig zu erwähnen: Wie treibt sie dich an, wenn sie da ist, und wie schwerfällig wirst du, wenn sie fehlt?
Gleiche Handlung, unterschiedliches Motiv
Stelle dir beispielsweise eine Person vor, die in der Buchhaltung einer führenden Wirtschaftsprüfungsgesellschaft arbeitet.
Handlung: Ausüben der Tätigkeit als Buchhalter:in
Nun könnte diese Person zum einen dadurch motiviert sein, dass sie das Jonglieren mit Zahlen wirklich liebt und darin voll aufgeht. Zum anderen könnte diese Person aber auch eine große Familie mit zwei Kindern und vielen anderen finanziellen Verpflichtungen und eigentlich gar kein Interesse an der Buchhaltung haben. Das Handeln der Person ist also eher finanziell motiviert und Interessen spielen eine untergeordnete Rolle.
Wie wir also sehen, sind die Beweggründe für unser Handeln auf den ersten Blick gar nicht so einfach zu durchschauen.
Manche Handlungen werden in unserer Gesellschaft sehr hoch angesehen, wie zum Beispiel das Retten von Leben. Auf der anderen Seite erntet man Verachtung, wenn man klaut oder die Gesetze nicht beachtet.
Unsere Handlungen entscheiden über ein Leben zwischen Himmel und Hölle, wir tragen die Verantwortung.
Das vollkommene Handeln
Das vollkommene Handeln stellt das vierte Element des edlen achtfachen Pfades dar und lässt sich wie die vollkommene Rede sowie die vollkommenen Lebensumstände in die Gruppe der Sittlichkeit und Tugenden einordnen.
Der Buddhismus sagt dabei, dass vollkommenes Handeln das Stehlen und Töten sowie sinnliche Ausschweifungen meidet. Hierzu gehören im weiteren Sinne die sogenannten fünf Silas, welche eine Reihe von Tugendregeln darstellen:
- Nicht Töten
- Nicht Stehlen
- Kein sexuelles Fehlverhalten
- Nicht Lügen
- Keine berauschende Mittel, die zu Gewissenlosigkeit führen
Die meisten dieser Regeln hast du bestimmt auch schon woanders mal gehört. Diese stellen das Grundgerüst dar und wenn man kurz darüber nachdenkt, machen sie Sinn für ein friedvolles Zusammenleben. Zu keinem sexuellen Fehlverhalten sei gesagt, dass damit nicht die Enthaltsamkeit noch das Vermeiden von gleichgeschlechtlichem Verkehr etc. gemeint sein soll. Des Weiteren ist die Einteilung von berauschenden Mitteln nicht ganz eindeutig formuliert. Wir alle können uns vorstellen, wie Menschen gewissenlos werden, wenn sie stark alkoholisiert sind. Manche verwickeln sich vielleicht in eine Schlägerei und andere suchen sich ein Opfer zum sexuellen Missbrauch.
Gleichermaßen ist es aber schwer sich vorzustellen, wie ein Mensch durch den Konsum von Kaffee oder Tee gewissenlos werden kann.
Bei berauschenden Substanzen sollten wir also genau hinsehen, warum wir sie wirklich konsumieren und was sie mit uns anstellen. Was erhoffen wir uns von ihnen? Was versuchen wir damit zu vermeiden?
Über die fünf Silas hinaus existieren noch weitere Tugendregeln, welche hier aber keine Betrachtung finden sollen, da sie eher im traditionellen Mönchsalltag eine Rolle spielen.
Handeln und Gesellschaft
Unser Handeln hat natürlich Auswirkungen auf uns selbst in Form von Gefühlen, Gedanken und Wahrnehmungen etc., gleichermaßen aber auch auf alle uns umgebenden Lebewesen.
Durch unser Handeln können wir zum Staatsoberhaupt werden oder aber 20 Jahre in Askaban schmoren.
Der römische Kaiser Marcus Aurelius spielt in seinem Werk „Selbstbetrachtungen“ häufig auf die Rolle des Individuums in Bezug zur Gesellschaft ab.
“Was dem Schwarm nicht nützt, das nützt auch der einzelnen Biene nicht.”
-Marcus Aurelius
Wir müssen uns also der Verantwortung bewusstwerden, die unser Handeln mit sich bringt. In Summe formen nämlich diese ganzen „einzelnen“ Handlungen unser aller gemeinsames Schicksal. Verbanne bitte die Vorstellung, dass das eigene Handeln nur ein Tropfen auf dem heißen Stein ist. Wir sabotieren unser Potential, indem wir eine Mauer aus Zweifel um uns herum bauen. Gleichermaßen ziehen wir uns selbst auch aus der Verantwortung und nehmen uns die Chance, durch unser Leben zu lernen. Wir zeigen mit dem Finger auf andere, wie so häufig.
Nimm dir kurz eine Minute Zeit und denke über das Gelesene nach. Wo zeigst du mit dem Finger auf andere? Wäre es vielleicht möglich, dass der Ursprung bei dir selbst liegt?
Dir sagt bestimmt der Name Mahatma Gandhi etwas. Derjenige, der das britische Empire zur Aufgabe gebracht hat und das, ohne auch nur einem Menschen ein Haar zu krümmen. Millionen von Menschen haben sich seinem Willen gebeugt, ohne einen Schuss abgefeuert zu haben. Nur durch sein Handeln. Absoluter Wahnsinn, oder?
“Sei du selbst die Veränderung, die du dir für die Welt wünscht.“
-Mahatma Gandhi
In jedem von uns steckt unermessliches Potential, welches nur entdeckt werden möchte.
Bewusstes vs. programmiertes Handeln
Innerhalb der letzten Jahrtausende haben sich einige Regeln in unserer Gesellschaft durchgesetzt, um unser Zusammenleben zu harmonisieren.
Wir gehen zum Beispiel auf dem Bürgersteig und fahren auf der Straße, nicht umgekehrt. Sinnvoll, oder?
Viele dieser Handlungen sind bereits einprogrammiert in uns und wenn man uns fragen würde, wüssten wir wahrscheinlich teilweise gar nicht, warum wir manche Dinge tun. Die Beweggründe sind irgendwo in unserem Unterbewusstsein vergraben.
Bei der folgenden Statistik solltest du dich besser etwas festhalten:
95 Prozent unserer Entscheidungen laufen unterbewusst ab und nur 5 Prozent machen ca. bewusste Entscheidungen aus.
Mich haben diese Zahlen anfangs wirklich ins Schaudern versetzt. Ich glaubte, wie viele andere wahrscheinlich auch, dass ich mein Handeln zu jedem Zeitpunkt steuere. Tja, Pustekuchen! Viel eher läuft der überwiegende Großteil von uns tagtäglich auf Autopilot durch ihr Leben.
Evolutionär macht das natürlich Sinn, da wir vieles bereits gelernt haben und uns nicht mehr bewusst dazu entscheiden müssen. Das spart Energie in Form von Kalorien, wodurch wir uns besser vermehren können. Du siehst vielleicht aber auch, welche Gefahren das mit sich bringt.
Wo befindest du dich am Tag die meiste Zeit und ich meine nicht räumlich? Wahrscheinlich treibt dich dein dir innewohnender wildgewordener Affe, namens der Verstand, rauf und runter sowie nach links und nach rechts.
Ich kann dich aber erleichtern: Du kannst diesen wildgewordenen Affen zähmen und zu deinem besten Freund machen.
“Der Verstand ist ein guter Diener, aber ein lausiger Meister.“
-Johann Wolfgang von Goethe
Gewohnheiten, Verhaltensweisen usw. sollen hier aber nur kurz angeschnitten werden, da ich auf sie in einem späteren Artikel noch genauer eingehen möchte, wie du aber siehst sind sie sehr machtvoll. Übe dich in Achtsamkeit und erkenne die Hintergründe.
Handeln ohne zu handeln
Was soll das denn schon wieder bedeuten?
Unsere Handlungen sind, wie wir eingangs erfahren haben, stets mit einem Ziel versehen. Dieses ist uns bewusst oder auch nicht.
Handeln ohne zu handeln würde also bedeuten, dass wir etwas tun, ohne es wirklich zu tun.
Vorsicht jedoch: Hierbei ist nicht gemeint, dass man Handlungen unterlässt, wie zum Beispiel einer alten Dame über die Straße zu helfen.
Insgesamt ist dieses Statement für den spirituellen Beginner meistens sehr wenig fassbar. Auch muss die Sprache hier sehr präzise formuliert werden, da sonst sehr schnell Missverständnisse entstehen.
Die Bhagavad Gita, eines der Hauptwerke des Hinduismus, umschreibt es damit, dass man sich von den Früchten seines Handelns löst.
“Er hat die Anhaftung an die Früchte der Handlung aufgegeben, ist stets zufrieden und von nichts abhängig und tut nichts, obwohl er tätig ist.“
-Bhagavad Gita
Eine Handlung bedingt immer jemand, der handelt. Nur wer ist dieser jemand? Wenn niemand mehr da ist, dann gibt es auch keine Handlung, aber doch handelt man.
“Den Menschen, dessen Unternehmungen frei von Wünschen und Absichten sind und dessen Handlungen im Feuer der Erkenntnis verbrannt worden sind – ihn nennen die Wissenden einen Weisen.“
-Bhagavad Gita
Wenn wir Handeln ohne zu handeln, fließt alles einfach nur noch. Wie Wasser bahnen wir uns den Weg, welcher für uns am zuträglichsten ist. Wenn wir das vollkommene Handeln verwirklichen, werden wir nie wieder handeln.
“Sei ohne feste Gestalt und Form, so wie Wasser. Wasser kann fließen, oder es kann zerstören. Sei Wasser, mein Freund.“
-Bruce Lee