Die vollkommene Erkenntnis

Die vollkommene Erkenntnis
Der edle achtfache Pfad zählt zu den wichtigsten Überlieferungen des Buddhismus. Die vollkommene Erkenntnis stellt hierbei das Fundament dar.

„In einer Person mit falscher Ansicht entsteht falsche Entschlossenheit. In einer Person mit falscher Entschlossenheit, falsche Rede. In einer Person mit falscher Rede, falsche Handlung. In einer Person mit falscher Handlung, falsche Lebensumstände. In einer Person mit falschen Lebensumständen, falsche Anstrengungen. In einer Person mit falschen Anstrengungen, falsche Achtsamkeit. In einer Person mit falscher Achtsamkeit, falsche Konzentration. In einer Person mit falscher Konzentration, falsches Wissen. In einer Person mit falschem Wissen, keine Erlösung.“

-Micchatta Sutta: Wrongness

Die vollkommene Erkenntnis oder auch Ansicht zu haben bedeutet, den Weg zur Befreiung zu kennen. Die vier edlen Wahrheiten zu erkennen und mit ihrer Hilfe zu deiner wahren Natur zu erwachen. Wir finden Weisheit in der Tiefe des Moments und lösen uns so durch vollkommene Erkenntnis von unserem falschen Selbstbild.

Kennen wir die richtige Richtung nicht, können wir noch so lange suchen und kommen vermutlich nie am Zielort an. Wir können uns noch so anstrengen, doch mit der falschen Richtung werden wir nur immer weiter umherirren.

Teil 1: Die vollkommene Erkenntnis

Dieser Beitrag „Die vollkommene Erkenntnis“ ist der erste von sieben weiteren, in welchen es detailliert um den edlen achtfachen Pfad des Buddhismus gehen soll. Er stellt eine der Kernlehren des Buddha dar und soll als Werkzeug zum vollständigen Erwachen dienen. Hierbei sei nun mal wieder gesagt, dass hier keine Ideologie herausgelesen werden soll. Der Pfad ist undogmatisch, wobei die Bedeutung der Worte entscheidend ist und nicht die Worte selbst. Schaffst du dir eine Ideologie, kreierst du nur eine weitere Anhaftung.

Der achtfache Pfad:

  1. Die vollkommene Erkenntnis
  2. Die vollkommene Absicht
  3. Die vollkommene Rede
  4. Das vollkommene Handeln
  5. Die vollkommenen Lebensumstände
  6. Die vollkommene Tatkraft
  7. Die vollkommene Achtsamkeit
  8. Die vollkommene Konzentration

Das Fundament

Die vollkommene Erkenntnis ist das Fundament des achtfachen Pfades und kurzgesagt die Tür zur Einheit. Durch sie musst du gehen, um die Dinge direkt zu erfahren, wie sie sind. Ohne Name und ohne Etikett.

Sie lässt sich der Gruppe der Weisheit zuordnen, wozu außerdem auch die vollkommene Absicht gehört. Das Ziel hierbei ist das Erlangen vollkommener Weisheit, woraus Befreiung, Liebe und Glückseligkeit resultieren. Wir spielen nicht mehr die Schauspieler in den Dramen des Alltags, sondern erkennen alles als ein riesiges Zusammenspiel von Ursache und Wirkung an. Jedes Wort, jeder Gedanke, jedes Gefühl und jede Handlung formen unser Schicksal, doch wir haften nicht daran. Wir bleiben im Kern unbewegt.

Wir werden uns unserer Ursachen und Wirkungen bewusst. Dadurch erkennen wir unsere Rolle, die wir in diesem kosmischen Spiel spielen. Wie beschränkt die Einteilung von Ich und alles andere doch ist. Wir lernen mit allem zu fließen, ohne Widerstände. Mit der Zeit fällt uns auch mehr und mehr auf, wie absurd und lächerlich doch viele unserer Vorstellungen sind. Sie haben an sich keine Grundlage und existieren nur durch unsere Unwissenheit.

Denn: Sie können immer nur in der Zeit existieren, in einem Zeitraum. Nicht aber im Jetzt.

Wie kann man vollkommene Erkenntnis erlangen?

„Wenn man nun verkehrte Erkenntnis als verkehrt, und vollkommene Erkenntnis als vollkommen erkennt, so hat man vollkommene Erkenntnis.“

-Buddha

Sie hilft uns das Richtige zu denken, zu sagen und zu tun. Letztlich geht sie aber darüber hinaus und lehrt uns, alles direkt zu erfahren und nicht mit Hilfe von Konzepten und Methoden.

Nichts ist beständig in diesem Universum, alles wandelt stetig seine Form. Es ist ein ewiger Kreislauf von Geburt und Tod, in welchem wir uns immer wieder verfangen. Es wird erschaffen und es wird zerstört.

Durch vollkommene Erkenntnis lernen wir Leid und Tod vollständig zu akzeptieren: Wir lernen, das Leid zu ertragen, wie die Dinge sind, anstatt das Leid zu tragen, die Dinge nicht zu ertragen.

Leid existiert durch unsere Identifikation und wir können uns davon befreien.

Mit der vollkommenen Erkenntnis finden wir unser Ziel. Unser Ziel ist jedoch nicht in der Zukunft, sondern hier und jetzt. Die ganze Zeit, immer wieder. War dein Leben jemals etwas anderes als das? Hier und Jetzt findet das Leben wirklich statt.

Aber man braucht doch Ziele im Leben?

Du kannst auch jetzt ein Ziel formulieren, oder jetzt einen Termin für ein Treffen in 2 Wochen machen, welches dann wieder Jetzt in 2 Wochen sein wird. Man verfängt sich dabei nur allzu schnell in Vorstellungen und Erwartungen, wie etwas zu sein hat. Schon ist man sich des Moments wieder unbewusst geworden und verharrt in Geistesformationen.

Anstrengung und Achtsamkeit

Zur Überwindung dieser Geistesformationen kann der/die Suchende nun gleichermaßen den Weg der Anstrengung sowie den Weg der Achtsamkeit wählen. Vollkommene Anstrengung und vollkommene Achtsamkeit werden später in dieser Reihe noch behandelt. Daher wird hier nur kurz auf sie eingegangen:

Vollkommene Anstrengung: Während man sich bemüht, die verkehrte Erkenntnis zu überwinden und die vollkommene Erkenntnis zu erwecken, zu solch einem Zeitpunkt übt man vollkommene Anstrengung aus.

Du wählst also den Weg über deine Unwissenheit. Durch beispielsweise Erforschen deiner Kindheit offenbaren sich dir Muster, die dein heutiges Verhalten prägen und dich dem jetzigen Moment entziehen. Im Hinduismus wird dieser Weg auch als Jnana-Yoga bezeichnet, der Weg des Wissens.

Vollkommene Achtsamkeit: Während man aber voll Achtsamkeit die verkehrte Erkenntnis überwindet und die vollkommene Erkenntnis erweckt, zu einem solchen Zeitpunkt übt man vollkommene Achtsamkeit aus.

Hier beginnst du auf der anderen Seite: Du steigerst deine vollkommene Erkenntnis durch das achtsame Erfahren dieses Moments. Hierdurch fällt mit der Zeit alles, was nicht du bist, von dir ab. Genaue Beobachtung lässt dich die Leerheit deiner Anhaftungen erkennen.

Ein gefestigter Geist

Die vollkommene Erkenntnis zu haben ist dein Wegweiser zum Erwachen und zur Erleuchtung. Wie eingangs dargestellt, findet man sein Ziel nur schwer ohne eine Richtung. Diese Richtung liegt in deiner inneren Weisheit und Intuition verborgen. Sie kann sich im Moment wie ein kleines Zwicken, ein Lichtblitz oder auch nur ein intensives Gefühl bemerkbar machen. Einfach dieser Teil in dir, der „weiß“.

Heutzutage haben die meisten jedoch die Verbindung zu diesem inneren Kompass verloren, da sie so voll mit anderen Dingen sind. Sie sind andauernd abgelenkt, hetzen von einem Termin zum nächsten und leben fast ausschließlich in der Zukunft oder Vergangenheit.

Ihr Kopf quillt über und die innere Weisheit kann bei diesen ganzen Reizen gar nicht wahrgenommen werden.

Deswegen ist es für jede/n ernsthaft Suchende/n von großer Wichtigkeit, den Geist zu festigen und zu beruhigen. Damit vollkommene Erkenntnis durch dich durchwirken kann, musst du innerliche Stille und Achtsamkeit entwickeln. Fangt am besten noch heute damit an: Lasst euch 10 Minuten zum Meditieren nieder, macht einen achtsamen Spaziergang in der Natur, übt z.B. die Wim-Hof Methode, macht eine Yoga-Session oder eignet euch durch Bücher oder Vorträge die Theorie hinter dem Ganzen an. Schafft euch bestenfalls eine tägliche Routine, ihr werdet bereits nach wenigen Tagen einen Unterschied spüren.

Die materielle Welt ist nur die Spitze des Eisbergs

Durch das Lesen spiritueller und religiöser Texte schafft ihr einen neuen Raum an Möglichkeiten in euch und euer Glauben wird vielleicht dadurch geweckt. Einige von euch werden bestimmt skeptisch sein. Religion ist doch voll veraltet, heute regiert der Materialismus. Gott gibt es nicht usw.

Ich war anfangs genau so skeptisch und habe viele Informationen erst nicht an mich herankommen lassen. Es war schwer einzusehen, dass die materialistische Sichtweise nicht die Einzige ist. Ich hatte Angst, an falsche Vorstellungen zu glauben und mich darin zu verlieren.

Und hier liegt der Punkt: Mein Ich hat sich häufig gegen spirituelle Erkenntnisse gesträubt. Es wollte sich selbst nur schützen. Meistens aus Angst.

Jede Einsicht und Erkenntnis, die du über dich oder deine Umwelt machst, befreit dich zum Teil. Gleichermaßen stirbt aber auch ein Teil von dem, was du vermeintlich für dich hältst. Du lässt es los und es haftet nicht mehr an dir. Hier schießen wir uns aber häufig selbst ins Bein, da wir verkehrte und vollkommene Erkenntnis nicht voneinander unterscheiden können. Was sind wir und was sind wir nicht?

Kultiviere vollkommene Erkenntnis in dir und finde den Weg zu deiner wahren Natur.

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